Gemeindepolitik: SPD will spürbare Verbesserungen vor Ort

19 Feb
2018

Die SPD-Fraktion hat sich bei ihren Haushaltsberatungen 2018 von dem Ziel leiten lassen, spürbare Verbesserungen für alle Menschen vor Ort zu erreichen. Was das konkret für die SPD in Kall bedeutet, hat Fraktionsvorsitzender Erhard Sohn in seiner diesjährigen Haushaltsrede dargestellt.

Die Haushaltsrede können Sie hier im Wortlaut nachlesen:

Haushaltsrede 2018

„Hierzu haben wir eine Reihe von Änderungsanträgen vorgelegt, die zum Einen überhöhte Steuerbelastungen unserer Bürgerinnen und Bürger im Focus haben und zum Anderen bei bestimmten  Ausgabefeldern neue und wegweisende Akzente setzen sollen.

Uns war wichtig, die mit 126 Prozentpunkten über dem fiktiven Landessatz liegende Grundsteuer B auf ein erträglicheres Maß abzusenken.  Kall sollte auf anderen Feldern Spitzenreiter im Kreis Euskirchen werden, aber nicht bei der Grundsteuer B.

Um die Steuererleichterung von 220.000 € zu finanzieren, haben wir u.a. vorgeschlagen, den von der Verwaltung geforderten Systemwechsel bei den Schul- und Sportpauschalen nicht umsetzen. Diese Zuschüsse haben wir in den vergangen Jahren stetig zu 100 % als laufende Einnahmen behandelt. Was zwingt uns, nunmehr  50%  der Zuschüsse dem konsumtiven Haushalt zuzuführen.

Ein Nein zu diesem Systemwechsel  bringt uns eine Ergebnisverbesserung von 180.000 €.   Dieses Nein ist auch betriebswirtschaftlich sinnvoll. Ein Unternehmen mit negativen Gewinnerwartungen würde vergleichsweise niemals Zuschüsse bei den Anschaffungskosten kürzen. Das Unternehmen würde immer den Weg der direkten Einnahmeverbuchung wählen. Eine Verteilung der Zuschüsse über die geringere Abschreibung in den nächsten 10 bis 50 Jahren würde allenfalls bei Unternehmen mit Gewinnen gewählt.

Geht  man vom Wahrheitsgehalt der Presseberichte aus, war das Jahr 2017 für die Wirtschaft ein Rekordjahr. Ein Rekordjahr bringt auch für die Kommunen höhere Steueranteile. Gleichwohl sehen alle anderen in unserem Rat vertretenen Fraktionen keine Veranlassung, die in den Vorjahren vorgenommenen Steuererhöhungen zumindest wieder teilweise herabzufahren. Höhere Steuern zwingen ja nicht zum Sparen.

Es gibt andere Kommunen in unserer Nachbarschaft, die, wie wir einen Grundsteuerhebesatz  von unter 500%  für bürgerfreundlicher halten.

Eine solche  Steuerminderung  – auch wenn sie im Einzelfall nicht so hoch sein mag – ist von Menschen mit geringem Einkommen von Bedeutung. Bei 800 € Rente sind 25 € weniger im Jahr keine Peanuts.

Wie wir alle wissen, wird die Grundsteuer B auch den Mietern über die Nebenkosten vollumfänglich belastet, deren Höhe in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Eine Entlastung täte vielen Familien gut.

Eine moderne Gemeinde sollte der Belastung durch die Grundsteuer B  familienpolitisch  mehr Beachtung schenken. Nicht zuletzt spielen solche Nebenkosten beim Zuzug junger Familien eine Rolle.

Der Bürgermeister, Herr Esser, hat uns bei der letzten Sitzung in einem Rechenbeispiel vorgehalten, wir würden mit unserem Antrag auf Steuersenkung in erster Linie Villenbesitzer bevorteilen. Wir sehen darin einen fragwürdigen Versuch, uns  Sozialdemokraten vorzuführen.

Wieso hat er unterschlagen, dass Unternehmen in unserer Gemeinde  mit ihren riesigen Produktions- und Verkaufshallen ungleich mehr von einer Hebesatzkürzung profitieren?

Wie hätten sich wohl  CDU,  Grüne und auch Bürgermeister Radermacher  erbost, wenn wir ihnen bei ihrer letzten Hebesatzerhöhung unterstellt hätten, in erster Linie das örtliche Gewerbe   wie Möbel Brucker, Pap Star, Hillers usw. benachteiligen zu wollen?

Die SPD steht nach wie vor zu ihrem Nein zum Neubau des Integrationszentrums in Höhe von 1,5 Millionen € in unmittelbarer Nähe des  Rathauses.

In der letzten Sitzung wurde uns aus Reihen der CDU im Zusammenhang mit der von uns gewollten anderen Zuordnung der Schul- und Sportpauschalen vorgeworfen, wir würden damit nachfolgende Generationen belasten.

Dieser Vorwurf geht ins Leere.  Stattdessen stellt dieser Neubau des Integrationszentrums für unsere Gemeinde in den  nachfolgenden 20 Jahren wegen der Zweckbindung ein großes Finanzrisiko dar.  Auch wenn ein Zuschuss von ca. 1 Millionen  Euro für die Investition zugesagt ist, fehlt eine Förderung der Betriebskosten in dem langen Nutzungszeitraum gänzlich.  Insofern ist  auch unser Nein zu den Kosten des zusätzlichen Verbindungstraktes in Höhe von 200.000 €  (ohne Förderung) nur konsequent.

Wir waren für eine wirtschaftlich vernünftigere Lösung. Monate vor Fertigstellung des neuen Integrationszentrums steht eine unser Schulen in Kall leer. Je nachdem, wie die Standortentscheidung ausgeht, fehlt entweder für das Grundschulgebäude oder für das Hauptschulgebäude eine Folgenutzung.  Aus dem vorliegenden Haushalt ist leicht zu erkennen, welche enormen Leerstandskosten in den Folgejahren auf die Gemeinde zukommen.

Insofern war unser Vorschlag, nach Beendigung der schulischen Nutzung das dann leer stehende  Schulgebäude unter anderem für Integrationsmaßnahmen  zu nutzen, der einzig vernünftige. Nicht umsonst haben wir mit unserer  Entscheidung in der Bevölkerung so große Zustimmung erfahren.

Die demographische Entwicklung ist eine der wichtigsten Frage, der sich nicht nur die Politik im Großen sondern auch die Kommunen stellen müssen. Kommunen, die sich frühzeitig und wegweisend positionieren, um die erforderlichen Weichenstellungen vorzunehmen, werden ab Eintritt der Babyboomer-Generation in den Renten- und Pensionsbezug entscheidende Vorteile haben.

Die größten Probleme werden sich ab 2030 ergeben, wenn die Ü70-Generation zunehmend  tagtäglichen und verlässlichen Unterstützungs-bedarf anmeldet – bis hin zur schwersten Pflegebedürftigkeit. Diese Herausforderungen können mit den bestehenden Strukturen zunehmend weniger bewältigt werden.

Bereits beim „Integrierten Entwicklungskonzept“ für den Zentralort Kall wurde auf die Problematik hingewiesen, die sich aus der Überalterung der vor 40 und mehr Jahren geschaffenen Neubaugebiete in der Kaller Peripherie ergeben. Zumindest für physisch angeschlagene Personen, die in den weiter entfernten Hanglagen Eigentum geschaffen haben, sind die Versorgungseinrichtungen im Zentralort oder im  Industriegebiet nicht mehr fußläufig erreichbar. Auch die PKW-Tauglichkeit bzw. -Ver-fügbarkeit wird mit dem zunehmendem Alter der dort Lebenden abnehmen.

Für die Außenorte der Gemeinde sind die in Sistig und Scheven gemachten Erfahrungen zu nutzen, um die Bevölkerung für diese Problematik zu sensibilisieren. Das Projekt in Scheven läuft gerade aus, so dass dieses bereits ausgewertet werden kann. Das Projekt in Sistig wird vermutlich bis zum Jahresende fortgeführt; der Kreis hat die entsprechenden Anträge gestellt.

Nur durch ein flächendeckendes bürgerschaftlich-ehrenamtliches Engagement in Bezug auf Daseinsvorsorge im Alter kann man den vielfältigen Herausforderungen der Zukunft gerecht werden.

Zuletzt hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dieses Thema in seiner viel beachteten Weihnachtsansprache 2017 angesprochen. Er habe im Osten wie im Westen Orte gesehen, in denen es „schon lange keine Tankstelle oder Lebensmittelgeschäft mehr gibt, inzwischen auch die Gaststätte geschlossen ist, die Wege zum Arzt immer weiter werden, und die letzte Busverbindung eingestellt ist“. Es sei verständlich, wenn die Menschen dort unzufrieden seien und sich sogar abgehängt fühlen. „Es gibt eine Stille, die bedrohlich werden kann.“

Gleichzeitig erinnerte er an das Engagement von Menschen, die „ihre Heimat als einen Ort erhalten, der Gründe gibt, zu bleiben, vielleicht sogar dorthin zurückzukehren“. Die ehrenamtliche Arbeit habe ihn „tief beeindruckt“. Solche Menschen verdienten „nicht nur Ermutigung, sondern auch Unterstützung durch die Politik“.

Leider hat unser Vorschlag den Einstieg in ein Generationenkonzept mit einem Haushaltsansatz von 25.000€ anzugehen, bisher keine Mehrheit gefunden.

Andere Kommunen sind längst auf dem Weg. Deren Konzepte u.U. später nur abzuschreiben, ist zu kurz gesprungen. Jede Kommune hat andere Voraussetzungen, Stärken und Schwächen. Wir sind auch nicht der Auffassung, dass diese für unsere Zukunft so wichtigen Herausforderungen „mal so eben“ von der Verwaltung mit erledigt werden können. Mir sind die stetigen Klagen „wir haben zu wenig Personal“ noch gut im Ohr.

Ein Thema mit nicht minderer Bedeutung sind die nicht zeitgemäßen Öffnungszeiten für Kita-Kinder. Mit unseren Haushaltsänderungen haben wir am 29.12.2017 einen Antrag eingebracht, diesem Mangel entgegenzuwirken und zwar

soll die Verwaltung  beauftragt werden, so bald wie möglich mit dem Kreis Euskirchen konkrete Beratungen für längere Öffnungszeiten von KiTa‘s in der Gemeinde Kall aufzunehmen.

Als Einstieg in die angebotsorientierte Betreuung außerhalb der bisherigen Öffnungszeiten soll eine vor und nach den üblichen Öffnungszeiten vorhandene Betreuung im Rahmen der KiTa durch eine/n Tagesmutter/vater eingerichtet werden.

Ein erster Schritt muss es sein, dass mindestens in einer Einrichtung der Gemeinde Kall eine Betreuung von 6.30 Uhr bis 20.00 Uhr gewährleistet wird.

Die Tagesmutter/der Tagesvater nutzt als Alternative KiTa-Räumlichkeiten gegen eine prozentuale Abgabe an die Gemeinde.

Einen nahezu gleichlautenden Antrag hatte die SPD-Fraktion bereits am 24.1.2017 für den Sozialausschuss gestellt – leider ohne erkennbare Resonanz. Mittlerweile zeigt sich, dass der Bedarf zur verlängerten Betreuung immer mehr zunimmt und dass ein Einstieg in die Randzeitenbetreuung dringlich ist.

 

Die Bundesregierung hatte die Problematik schon 2015 aufgegriffen. Im Januar 2016 wurde das neue Bundesprogramm „KiTaPlus“ gestartet, weil gute Betreuung keine Frage der Uhrzeit ist. Mit dem Programm fördert das Bundesfamilienministerium erweiterte Betreuungszeiten in KiTa‘s, Horten und in der Kindertagespflege, um Eltern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen.
Eine zukunftsfähige Kommune muss für junge Familien – insbesondere für Alleinerziehende und Familien mit doppelter Berufstätigkeit – verlässliche Betreuungen der Kinder vorhalten. Dies ist ein bekanntermaßen „weicher Faktor“ für die Ansiedlung von jungen Leuten mit Kinderwunsch. Nur durch diese Ansiedlung wird der in den nächsten Jahren überproportionale Zuwachs der Personen in der Generation 70plus etwas abgemildert.

Die Schwierigkeiten in der Gemeinde Kall in Bezug auf Tagesmütter/väter wurde mehrfach im Sozialausschuss behandelt.

Durch die von uns vorgesehene Kostenregelung können sich Menschen leichter auf diese selbstständig auszuübende Tätigkeit einlassen. Durch die Verlagerung der Tätigkeit in die KiTa wird ein Personenkreis als Interessent/in angesprochen, der wegen eigener beengter Wohnver-hältnisse (z.B. kleine Mietwohnung) bisher als Tagesmutter/-vater aus-gefallen ist. So könnte dem diesbezüglich in unserer Gemeinde Kall bestehenden Engpass besser begegnet werden, statt ihn immer nur zu beklagen.

Eine Befragung von Eltern, die jetzt schon Kinder haben und diese in die KiTa schicken, ist nicht zielführend, weil die falsche Gruppe interviewt wird – nämlich die, die sich allen Schwierigkeiten zum Trotz auf Kinder eingelassen hat  bzw. diesen Betreuungsengpass z.B. mit anderweitiger Unterstützung (Großeltern etc.) meistert.

 

Eine korrekte Befragung müsste wesentlich früher, mindestens im Rahmen der Erstbesuche nach der Geburt eines Kindes erfolgen.

Insofern muss dieses Angebot möglichst rasch implementiert werden. Die SPD Kall hat dafür Haushaltsmittel beantragt.

 

 

 

Ich mache nochmals Werbung für unseren Änderungsantrag, der gemeindlichen Anmietung von 1 bis  3 Wohnungen in einem Sistiger  Objekt zuzustimmen. Mit ihrer Zustimmung würde eine für den Ort  Sistig so wichtige Daseinsvorsorge längerfristig gesichert. Die Stärkung des ländlichen Raumes ist in aller Munde. Dies erfordert aber auch konsequentes Handeln.

Dass Anmietung von Wohnungen für Asylsuchende nichts Ungewöhn-liches ist, beweist die gemeindliche  Anmietung von 6 Appartements in einem ansonsten gewerblich betriebenen Kaller Objekt  vor nicht allzu langer Zeit. Auch diese Anmietung  hatte nichts mit Zuschüssen für eine wirtschaftlich betriebene Einrichtung zu tun. Was in Kall möglich ist, dürfte in Sistig doch auch selbstverständlich sein. Ein Bedarf ist jedenfalls für die Gemeinde nach dem Abriss des ehemaligen Gemeindedirektorenwohnhauses gegeben. Und dem Ort Sistig würde es sicherlich helfen. Auch würde ein weiterer Wohnungsleerstand vermieden.

Ein ganz besonderes Anliegen meiner Partei ist, dass der Zustand unserer Gemeindestraßen nicht weiter so vernachlässigt wird. Es kann nicht sein, dass  ausreichend vorhandene Haushaltsmittel nicht ausgegeben und die Straßen so dem Verfall Preis gegeben werden. Ein zu langes Abwarten bedeutet, dass die Substanz vernichtet wird.

Beim dann notwendigen Neuausbau sind die Anlieger die Dummen. Eine grundlegende Erneuerung bedeutet für diese nämlich, dass sie zu  Anliegerbeiträgen herangezogen werden. Im Fachausschuss werden wir zukünftig ein konsequenteres Vorgehen überwachen.

Im Kaller Zentralort wird sich in den nächsten Jahren entsprechend dem beschlossenen Handlungskonzept einiges tun. Ein für den Ortskern Kall so wichtiges Entwicklungskonzept, dass wir seitens der SPD schon 2013 gefordert haben.

Gemeinsam haben wir weitreichende Investitionen vorgesehen und teilweise bereits beschlossen. Der Bahnhofsvorplatz ist in der Startphase. Kreisel- und Straßenbaumaßnahmen werden alsbald folgen. Im Handlungskonzept sind weitere kostenintensive Umgestaltungen und Wohnumfeldverbesserungen vorgesehen.

Wir müssen für deren Realisierung viel Geld in die Hand nehmen und infolgedessen  mit Augenmaß vorgehen. Die SPD kann demzufolge keine Blanko-Schecks für die vorgesehenen Modellprojekte „Klimaschutz“ in Höhe von 500.000 € jeweils über 3 Jahre ausstellen.

Für konkret bezeichnete Maßnahmen sind wir zu haben, z.B. technische Verbesserungen im Hallenbad für rd. 700.000 €, aber im Interesse der Gesamtbelastung nachfolgender Generation müssen wir die so große Investitionen verantwortlich angehen.

Wir haben zur Energieeinsparung in den letzten Jahren viel Geld in die Hand genommen.  Auch beim Klimaschutz sind wir dabei. Aber nicht ohne Kenntnis der finanziellen Auswirkungen.

Es gäbe noch viele wichtige Themen anzusprechen, wie:

Realsierung IG III,

Hochwasserschutz  Scheven,

welche schulischen Einrichtungen bietet Kall in Zukunft noch an,

Neubau Feuerwehrgerätehaus und Bauhof an einem gemeinsamen Standort,

Konzepte gegen den Gebäudeleerstand in den Außenorten (Antrag der SPD aus 2015),

Sicherheitsbedürfnis unserer Bürger und und und.

 

Ich habe in meiner Rede versucht, die Motive für unsere Änderungsanträge schwerpunktmäßig  darzustellen und zu erläutern.  Meine Hoffnung ist, dass bei der folgenden Abstimmung wieder mehr fraktionsübergreifend und nicht nur parteipolitisch entschieden wird. Die letzte HFA-Sitzung war m.E. diesbezüglich ein guter Anfang.

In diesem Sinne bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.“

Erhard Sohn, SPD-Fraktionsvorsitzender

SPD Kall
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